Ist ein Arbeitsvertrag ohne Nennung der Wochenstunden legal?

Ja, es kann ein Arbeitsvertrag ohne explizite Nennung der wöchentlichen Arbeitsstunden legal sein – unter bestimmten Voraussetzungen. Allerdings gibt es dabei wichtige rechtliche Rahmenbedingungen, die eingehalten werden müssen.

Hier eine Übersicht der wichtigsten Aspekte:


Rechtliche Grundlagen (Deutschland)

  1. § 612 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
    Der Arbeitsvertrag muss die Arbeitszeit regeln. Dabei genügt eine allgemeine Regelung, wenn die konkrete Verteilung der Arbeitszeit vorhersehbar ist. Eine feste Nennung der genauen Wochenstunden ist nicht zwingend vorgeschrieben, sofern die Arbeitszeit nach anderen, vertraglich festgelegten Regeln bestimmt wird (z. B. durch Arbeitszeitordnung, Richtlinien oder Vereinbarungen).
  2. § 83 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
    Bei Bestehen eines Betriebsrats muss die Arbeitszeit unter Mitwirkung des Betriebsrats geregelt werden. Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei Änderungen der Arbeitsplatzgestaltung, einschließlich Arbeitszeiten.

Wann ist ein Vertrag ohne konkrete Wochenstunden legal?

✅ Ja, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  1. Regelgerechte Festlegung der Arbeitszeit
    Die Arbeitszeit muss nach einem nachvollziehbaren Prinzip bestimmt werden, z. B.:

    • Vollzeit/Teilzeit: Eine allgemeine Bezeichnung wie „Vollzeit à 40 Stunden/Woche“ genügt, wenn die wöchentliche Arbeitszeit üblich ist.
    • Variable Arbeitszeiten: Eine schriftliche Arbeitszeitordnung oder Richtlinie existiert, die die Arbeitsstunden festlegt (z. B. Kernarbeitszeit, Gleitzeit, Schichtarbeit).
    • Referenz an Gesetz oder Richtlinie: Der Vertrag verweist auf eine Tarifvereinbarung, Betriebsvereinbarung oder interne Richtlinie, die die Arbeitszeit regelt.
  2. Nachweisobarkeit
    Der Arbeitgeber muss die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden dokumentieren (z. B. durch Arbeitszeiterfassung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Die Stunden werden dann retrospektiv erfasst, aber die Regel, wie sie ermittelt wird, muss klar sein.
  3. Übereinstimmung mit Arbeitszeitgesetz
    Die Vereinbarung darf nicht gegen das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) oder EU-Arbeitsschutzrichtlinien verstoßen:

    • Maximale Arbeitszeit: 8 Stunden täglich, 48 Stunden/Woche (kann auf bis zu 60 Wochenstunden mitConsent verlängert werden).
    • Ruhepausen und Ruhezeiten müssen eingehalten werden.
  4. Klare Vereinbarung im Vertrag
    Der Vertrag muss ausdrücklich festlegen, wie die Arbeitszeit ermittelt/verteilt wird (z. B. „Arbeitszeit wird nach der internen Richtlinie X bestimmt“). Eine reine Aussage wie „Vollzeit, Stunden werden vereinbart“ reicht nicht aus – es muss eine nachvollziehbare Methode existieren.

❌ Nein, wenn folgende Punkte nicht erfüllt sind:

  1. Ohne jegliche Regelung
    Ein Vertrag, der nur sagt „Sie arbeiten Vollzeit, weitere Details folgen später“, ist undefinitiv und damit wirksamkeitslos. Das Gericht könnte ihn als nicht ausreichend ansehen.
  2. Verstoß gegen Arbeitnehmerinteressen
    Wenn der Arbeitgeber einseitig Arbeitszeiten bestimmen kann, ohne Nachweis oder Mitsprache des Arbeitnehmers (insbesondere bei bestehenden Betriebsrat), ist dies unwirksam.
  3. Verstoß gegen Maximalarbeitszeiten
    Falls der Arbeitgeber regelmäßig mehr als 48 Stunden/Woche anordnet, ohne die gesetzlichen Ausnahmen zu beachten, ist dies unwirksam und könnte als schwere Verletzung des Arbeitsrechts gewertet werden.

Praktische Beispiele für legale Formulierungen

✅ Zulässig:

„Das Arbeitsverhältnis erfolgt in Vollzeit. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden, die innerhalb der vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten von Mo–Fr, 08:00–17:00 Uhr zu erbringen sind.“

„Die Arbeitszeit richtet sich gemäß der Arbeitszeitordnung vom [Datum], die dem Arbeitgeber zur Verfügung steht.“

„Arbeitszeiten werden flexibel im Rahmen eines Gleitsystems geleistet. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden, die nach Vorgaben der Betriebsvereinbarung verteilt werden.“

❌ Ungültig oder riskant:

„Sie arbeiten Vollzeit, die genauen Stunden werden später vereinbart.“
(Keine Regelung, daher nicht nachvollziehbar)

„Sie arbeiten täglich so viele Stunden, wie der Chef anordnet.“
(Bei Fehlen eines Betriebsrats: Einseitige Festlegung ist unwirksam; mit Betriebsrat: Zustimmung erforderlich)


Was sollten Sie als Arbeitnehmer tun?

  1. Auf klare Vereinbarungen bestehen
    Fordern Sie im Vertrag, dass die Arbeitszeit konkret beschrieben oder auf eine verbindliche Richtlinie verwiesen wird.
  2. Schriftliche Bestätigung einholen
    Stellen Sie sicher, dass Arbeitszeitmodelle, Schichtpläne oder Richtlinien schriftlich vorliegen und Teil der vertraglichen Grundlage werden.
  3. Bei Unsicherheiten den Betriebsrat/Werksarzt konsultieren
    Besonders bei vorhandenen Betriebsrat sollten Sie diesen einbeziehen.
  4. Prüfung lassen
    Bei Zweifeln kann ein Arbeitsrechtsexperte die Wirksamkeit des Vertrages prüfen.

Zusammenfassung

  • Ja, ein Arbeitsvertrag kann ohne konkrete Nennung der Wochenstunden legal sein, wenn die Arbeitszeit nach einer klaren, nachvollziehbaren Regel ermittelt wird (z. B. Richtlinie, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung).
  • Nein, wenn die Arbeitszeit vollständig offen gelassen wird oder gegen Arbeitsrecht verstoßen wird.
  • Als Arbeitnehmer: Achten Sie auf klare, schriftliche Regelungen und Konsultieren Sie bei Bedarf einen Rechtsberater.

Bei spezifischen Fragen zu Ihrem individuellen Vertrag empfehle ich, einen Arbeitsrecht-Anwalt hinzuzuziehen.

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